Meine Wenigkeit, auch bekannt und verehrt als Baumwoll-Auge-Joe, möchte dem geneigten Leser die Entstehungsgeschichte des KiFFERSTUEBCHENs nahe bringen. Ich bitte schon vorab um Verzeihung, wenn die ein oder andere Datierung nicht mehr hundertprozentig passt - als Ausrede muss mein fortschreitendes Alter herhalten.
Die graue Vorzeit - oder: Es war einmal...
... eine Zeit, so Mitte bis Ende der neunziger Jahre im vergangenen Jahrtausend, wo der Preis für Arbeitsspeicher rapide sank und 90 DM pro Megabyte erreichte. Diese Chance musste ich einfach nutzen, es war kaum absehbar wann man wieder so viel Speicher für so wenig Geld bekam. Glücklicherweise gab es in meiner Heimatstadt Hoyerswerda einen Computerhändler. Auf diesen wurde ich durch eine Zeitungsannonce aufmerksam. Auf dem Weg zu ihm sah ich ein riesiges Firmenschild mit dem Namen und der Straße aus der Annonce, lediglich die Nummer war eine andere, was mich jedoch nicht sonderlich störte. Was mich doch etwas verwirrte, war die zusätzliche Bezeichnung "Dentist" im Firmenschild. Nun gut, wie hoch war die Chance das zwei Unternehmen mit demselben Firmennamen in derselben Straße in dem Provinzstädtchen Hoyerswerda zu finden sind? Wie ich nach einem kurzen Gespräch mit der Zahnarzthelferin feststellen musste: sehr hoch. In derselben Straße fand ich dann den Computerhändler in einer an ein Haus angebauten Garage. Während des Kaufs kam ich mit ihm ins Gespräch und er erzählte mir von privaten LAN-Partys die er regelmäßig in dem Anbau veranstaltete. Man musste lediglich seinen Rechner mitbringen und man spielte dann vernetzt gegeneinander. Neben dem Speicher kaufte ich mir also gleich noch eine BNC-Netzwerkkarte und lies mir den Termin für die nächste Party geben. Auf dieser Party lernte ich dann luck0r, TheGunFire und noch weitere Spieler kennen. Über den Computerhändler bekam ich auch Kontakt zu einem Usertreffen von Fido-Mailbox-Benutzern, welches an einem Freitag jeden Monat abgehalten wurde. Dort lernte ich noch den Vobis-Händler Ecki kennen, bei dem wir fortan auch regelmäßig LAN-Partys abhielten. |
 |
 |
Kurze Zeit später brach auch schon das Internetzeitalter an. Germany NET eröffnete in Hoyerswerda einen Einwahlpunkt. Es handelte sich dabei um einen kostenlosen Internetdienst, der durch Werbeeinblendungen finanziert wurde. Man musste lediglich die Ortsgebühren für die Modemeinwahl bezahlen, die mit 3 Pfennig pro Minute kaum ins Gewicht fielen. Wir trafen uns im IRC von Germany NET, hingen dort mehr oder weniger ab und unterhielten uns gelegentlich beim Surfen, daher auch der Spitzname Gammel NET. Richtig interessant wurde es als ID Software QuakeWorld herausbrachte. Es handelte sich dabei um eine Modifikation für Quake, mit der man auch im Internet mit den damals verfügbaren Geschwindigkeiten ordentlich spielen konnte. Wir erstellten also eigene Server mit bis zu vier Spielern, die dann problemlos über einen 28,8 KBit-Anschluss spielen konnten - von den zeitweiligen Lags mal abgesehen. Eines Tages kam dann ein Germany NET Administrator in unseren IRC Channel und fragte uns, was wir da machen. Wir erklärten es ihm und er war sehr angetan. Kurze Zeit später kam er wieder und lud uns zu einem Testspiel auf dem neuen QuakeWorld-Server von Germany NET ein, den er erstellt hatte. Wir waren die ersten die den neuen Server exklusiv testen konnten. Toll! |
Was für ein Drecks-Spiel! - oder: Gesehn, gelacht, F8!
Wir vertrieben uns die Zeit mit gelegentlichen LAN-Partys, die überwiegend in Hoyerswerda abgehalten wurden. 1998 begann ich dann mein Studium zum Diplom-Informatiker in Dresden. Meine Studentenwohnung befand sich in der berühmt berüchtigten Wundtstraße, wo ich die Etagenmitbewohner Badcop und Quakbunny - zwei Quakespieler - kennen lernte. Eines Tages - im Jahre des Herrn 1999 - erhielten wir eine Einladung zu einer LAN-Party in Spremberg, der wir natürlich folgten. Auf dieser Party lernten wir Rheuma Kai, leader und einen Typen kennen, dem wir den Spitznamen Psycho gaben, weil er bei jedem virtuellen Tod fast ausrastete. Wie wir später feststellen mussten, gehörte er zu einer neuen Generation: den Counter-Strike-Spielern... Die LAN-Party begann wie üblich, wir spielten die aktuellen Spiele dieser Zeit: Doom, Quake, Duke Nukem 3D oder Atomic Bomberman. Einer der Spremberger erzählte uns dann von einem neuartigen Spiel - teambasiert. Es wäre wohl sehr populär und hätte trotz Betastadiums schon sehr viele Anhänger. Wir hatten davon noch nichts gehört oder gesehen. Wir installierten also Half Life und diese neue Modifikation: Counter-Strike. |
 |





 |
Erklärt wurde uns das es ein normaler Ego-Shooter sei, jedoch mit zwei Teams: den Terroristen und den Counter-Terroristen. Die Terroristen haben die Aufgabe die Geiseln zu bewachen und die Counter-Terroristen müssen diese befreien. Eigentlich keine unlösbare Aufgabe - eigentlich. Da wir Neulinge waren durften wir in das einfachere Terroristen-Team, die erfahrenen Spremberger gingen in das gegnerische Team, gespielt wurde cs_assault.
Das Spiel verlief dann folgendermaßen:
1. Runde: Pistolenrunde Ohne Scheu rannten wir wie gewohnt aus dem Haus heraus und versuchten unser Bestes zu geben. Bei dem Versuch blieb es dann auch. CT's win.
2. Runde Okay, das ganze nochmal, etwas vorsichtiger. Große Überraschung. Tot. CT's win.
"Was war das denn? Wo liegen hier die guten Waffen rum?" "Die könnt Ihr am Beginn der Runde kaufen, einfach mal B drücken!" "Aha, gut das Ihr uns das auch schon sagt."
3. Runde Hier sei noch erwähnt dass der Server ohne Kaufzeit konfiguriert war! Rundenstart. Drücke B. Lesen. Knall, peng, tot. CT's win.
"Hey, warum habt Ihr Euch nicht bewegt?" "Also ich hab mir gerade die Beschreibungen zu den Waffen im Kaufmenü durchgelesen." "Ich auch." "Grml" "Welche Waffen sind denn gut?" "Als Terror kauft Ihr Euch am besten eine Desert Eagle, AK, Schutzweste und die Munition nicht vergessen!"
4. Runde Rundenstart. Drücke B. Kaufe Schutzweste - gleich mit Helm. Kaufe Desert Eagle. Kaufe Munition. Kaufe AK. Kaufe AK! Verdammt, kaufe AK! Knall, peng, tot. CT's win.
"Was war denn jetzt schon wieder?" "Ey, ich konnte keine AK kaufen!" "Ich auch nicht." "Habt Ihr überhaupt genug Geld?" "Wie, Geld?" "Na unten links seht Ihr doch wieviel Geld Ihr habt. Bei jeder gewonnenen Runde bekommt Ihr Geld dazu, ansonsten müsst Ihr sparen." "Na toll."
5. Runde Sparen, sterben. CT's win.
6. Runde Sparen, sterben. CT's win.
7. Runde Kaufe AK, kaufe Munition. Sprung, durchs Tor, Feuer. 30 Schuss - nichts. Nachladen, 12 Schuss, tot. CT's win.
"Ey, das kann doch nicht sein, ich hab ein ganzes Magazin auf Dich geballert!" "Ja, Du musst gezielt schießen, am besten Einzelfeuer und nicht soviel rumlaufen dabei."
Die Flüche die daraufhin geäußert wurden, möchte ich hier - im Interesse des Lesers - nicht wiederholen. Ein Fazit konnten wir daraus allerdings ziehen: Was für ein Drecks-Spiel!
Nach den sieben Runden Counter-Strike haben wir den Sprembergern bei einer Runde Quake Deathmatch erstmal gezeigt, wie richtige Männerspiele gespielt werden. |
Die Geburtsstunde - oder: Es ist ein KiFFERSTUEBCHEN!
Counter-Strike war nach diesem Erlebnis kein Thema mehr und wurde erfolgreich aus dem Gedächtnis verdrängt. Ich nutzte die gute Internetverbindung im Studentenwohnheim und zockte das Quake 2 Teamspiel Lithium CTF, die beste CTF-Modifikation die es jemals gab. Man konnte sich wie Spiderman mit einem Grapple Hook durch die Map schwingen und dabei gleichzeitig die Waffe auf unliebsame Gegner abfeuern. Herumliegende Runen gaben einem höhere Feuerkraft, mehr Leben, Unsterblichkeit oder eine schnellere Laufgeschwindigkeit. *Träum* Kurze Zeit nach der LAN-Party fragten mich meine Etagenmitbewohner Badcop und Quakbunny ob ich nicht Lust hätte einen Server aufzumachen. Sie hätten noch einen Rechner mit Dual Celerons 333 MHz, getaktet auf 450 MHz, herumstehen. Es gäbe da ein neues teambasiertes Spiel, was unglaublich populär wäre, trotz Betastadiums, und einige Freunde hätten gerne einen Server auf dem sie spielen könnten. Ich wurde neugierig, da ich von dem neuen Spiel bisher noch nichts gehört hatte. Leider wurde ich enttäuscht, es handelte sich lediglich um Counter-Strike.
Nichtsdestotrotz erklärte ich mich dazu bereit, die Serveradministration zu übernehmen. Ende 1999 war es also soweit, das KiFFERSTUEBCHEN erblickte das Licht der Welt. Böse Zungen behaupten, der Servername entstand in Anlehnung an das damalige Studentenleben, was ich hier natürlich weder zugebe noch abstreite. Da es damals noch recht wenige offizielle Karten gab, sollten auch Custom-Maps installiert werden. Das Finden neuer Karten war damals nicht besonders schwer, da das Spiel so unheimlich erfolgreich war, versuchte sich Hinz und Kunz am Kartenbau, ob sie Ahnung davon hatten oder nicht spielte keine Rolle. So füllte sich unser Mapcycle so schnell mit neuen Karten, dass der Server eines Tages nicht mehr starten wollte. Wie sich herausstellte, hat die Mapcycle-Datei ein Limit welches nicht überschritten werden darf. Da war klar, dass wir nur die besten Custom-Maps in unserem Mapcycle aufnehmen konnten. Durch die gute Anbindung an das damals schnellste Netzwerk in Europa - das Deutsche Forschungsnetz (DFN) - wurde unser Server schnell populär und war ständig voll. Damals gab es noch keine Gameserver-Provider, die Server standen meistens in Studentenwohnheimen oder bei großen Internet-Serviceprovidern. So spielten bei uns Spieler aus allen Ländern der Welt, sogar Asiaten oder Amerikaner besuchten unseren Server regelmäßig. Ein paar Monate später opferte ich meinen Desktop-Rechner und der Server bekam neue Hardware. Er lief fortan auf einem Pentium III 650 Mhz auf 910 MHz getaktet. Hinzu kam eine offizielle Webseite mit Karten-Downloads und natürlich Live Statistiken. Durch das quelloffene Adminmod konnte ich durch eigene Plugins den Server aufwerten, sodass er mit anderen sehr erfolgreichen Servern wie „Bavarian Heaven" erfolgreich konkurrieren konnte. Zu unserem Markenzeichen wurde das fliegende KiFFERSTUEBCHEN-Logo. |
 |
Unruhige Zeiten – oder: Legends will never die!
 |
Der Server lief problemlos bis etwa 2001, ein Jahr vor meinem Ende des Studiums. Das Deutsche Forschungsnetz wurde zwischenzeitlich ausgebaut und die Universität Dresden bekam einen Gigabit-Anschluss. Mit diesem Anschluss musste die Uni aber auch den Traffic bezahlen der verursacht wurde, davor hatte sie eine 155 MBit-Flatrate. Man kann sich vorstellen, dass die Studentenwohnheime einen erheblichen Anteil am Trafficverbrauch hatten. So kam es wie es kommen musste, man beschloss zur Trafficbegrenzung ein Limit von 3 GB pro Monat für jeden Nutzer einzuführen. Unser Server verursachte aber einen Traffic von 15 GB pro Tag und war damit in den Top 3 der Trafficverbaucher im Studentenwohnheim der Wundtstraße. Mit 3 GB pro Monat konnte der Server also nicht weitergeführt werden und musste geschlossen werden. Glücklicherweise erfuhr ich von einem befreundeten Netzwerk-Admin (Yaron) aus dem Studentenwohnheim der Fritz-Löffler-Straße, dass das Trafficlimit dort für die nächste Zeit nicht geplant sei. Zum Wohle des Servers beantragte ich eine Wohnung für die Löfflerstraße beim Studentenwerk und bekam auch glücklicherweise einen Platz. Ich zog um und der Server konnte nach einer kurzen Auszeit wieder online gehen, zum Wohle des Volkes. Die Zeit verging und mein Studium näherte sich Anfang 2002 dem Ende. Ich vereinbarte mit dem befreundeten Admin, dass ich den Server im Serverraum des Wohnheims nach meinem Auszug weiter betreiben könnte. Leider kam alles ganz anders. Kurz vor meinem Auszug wurde auch für dieses Wohnheim ein Trafficlimit von 3 GB beschlossen. Der Server wurde abermals geschlossen. Gameserverprovider gab es zu diesem Zeitpunkt nur sehr wenige und die Server waren entsprechend teuer. Es bestand kaum Aussicht den Server in Zukunft weiter betreiben zu können. Der Abschiedsbrief auf unserer Webseite war entsprechend lang und endete mit dem Satz „Legends will never die.". Dies war der einzigste Zeitpunkt an dem das KiFFERSTUEBCHEN vor dem endgültigen Aus stand. |
Monate gingen ins Land. Durch das Usertreffen, das ich noch regelmäßig besuchte, lernte ich dann noch Chriss, Shadow und Haumichblau kennen. Wir kamen ins Gespräch und wollten das KiFFERSTUEBCHEN wieder auferstehen lassen. Wir schlossen uns zum Clan „Winner-Team-Joiner" (WTJ) zusammen, mit den Clanleadern Shadow und Chriss und den Mitgliedern luck0r, Haumichblau und mir. Dadurch waren wir in der Lage die hohen Serverkosten zu übernehmen und konnten im April 2002 das KiFFERSTUEBCHEN wieder eröffnen. Leider kam es zu Meinungsverschiedenheiten was den Server anbetraf, sodass luck0r und ich den Clan im Oktober 2002 wieder verließen. Die von mir installierten Plugins wurden vom WTJ-Server wieder entfernt. Wir mussten abermals die Schließung des KiFFERSTUEBCHENs auf unserer Webseite bekannt geben. Daraufhin meldete sich Dr. Flame, ein langjähriger Stammspieler und schlug uns ebenfalls eine Clangründung mit Wiederbelebung des KiFFERSTUEBCHENs vor. Es wurde mit weiteren Stammspielern der Clan „Shock Therapy" gegründet und wir konnten bereits im November 2002 das Original KiFFERSTUEBCHEN wieder online bringen. Anfang 2005 ging der Clan seinem schleichenden Ende entgegen, sehr viele Mitglieder wurden inaktiv. Das KiFFERSTUEBCHEN hatte sich zu diesem Zeitpunkt allerdings gefestigt, der Niedergang von „Shock Therapy" hatte keinen Einfluss auf den Fortbestand der Server, im Gegenteil, wir konnten weitere Server online bringen.
Die Spremberger leader und Rheuma Kai stießen zu uns und wir konnten mit deren Hilfe Ende 2004 / Anfang 2005 einen Counter-Strike-Source-Server sowie Anfang 2006 einen Day of Defeat Source Server online bringen. Ende 2005 konnte durch Unterstützung von Firefox der Battlefield 2 Server online gehen. Anfang 2006 folgte mit Unterstützung von Violence der Counter-Strike WC3 Server. Ende 2007 kamen der Call of Duty 4 Server und der Team Fortress 2 Server dazu. Anfang 2009 eröffneten wir unsere Left 4 Dead Server und Ende 2009 die Left 4 Dead 2 Server. Seit 2005 führen wir regelmäßige Events auf unseren Servern durch, wo die Spieler im Wettstreit bestimmte Aufgaben erfüllen müssen und als Belohnung einen reservierten Slot bekommen. Zu Ostern und im Spätsommer laden wir unsere Stammspieler ins Grüne ein, um etwas Paintball zu spielen. Die KiFFERSTUEBCHEN-Server erfreuen sich großer Beliebtheit, seit Mitte 2008 ist das KiFFERSTUEBCHEN unter anderem die größte Steam-Community. |
 | Wir bedanken uns bei allen Admins (auch den namentlich nicht erwähnten) und Stammspielern die uns während der gesamten Zeit unterstützt und zu uns gestanden haben. |